Prof. Dr. Ulrich Kaiser – Open Educational Resources / Musiktheorie
Prof. Dr. Ulrich Kaiser – OER / Mth
Prof. Dr. Ulrich Kaiser
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu meinem Wissenschaftsverständnis und meinen Forschungsschwerpunkten.
In der ersten Phase meines wissenschaftlichen Arbeitens war ich noch stark von älteren Spielarten musikwissenschaftlicher Hermeneutik beeinflusst. Seit 2005 hat mich dann verstärkt das Denken anderer Disziplinen wie der Informatik und der Soziologie interessiert. Wichtig war für mich insbesondere, die eigene Forschungsperspektive beständig zu reflektiert sowie die Erkenntnis, dass die Erforschung psychischer Vorgänge (Stichwort: Komponistenintention) immer auf nicht verifizierbare Spekulationen angewiesen ist. Für meine eigenen Arbeiten haben solche Fragestellungen daher ihre Bedeutung verloren. In meiner Monografie (Dissertation) zum jungen Mozart habe ich mich dann intensiv mit methodischen Fragen der musikalischen Analyse auseinandergesetzt und z.B. für die Werke des Wunderkindes eine synoptische Notenanalyse vorgeschlagen:
In dem Kapitel »Musikalische Modelle« dieser Monografie findet sich auch ein erster Versuch, das Design musiktheoretischer Modelle an die Objektorientierung der Programmierung anzulehnen. In diesem Sinne lassen sich Modelle als Abstraktionen von Objekten verstehen, die über Klassen oder Prototypen repräsentiert werden, welche durch Eigenschaften und ein Verhalten charakterisiert sind. Sowohl für den allgemeinen Modellbegriff als auch für die Programmierung gilt, daß umso kleiner und ärmer der Inhalt wird, dest abstrakter das Modell ist (und umgekehrt). Meine Bemühungen der Übertragung habe ich in dem folgenden Beitrag dargelegt:
Schon bald habe ich bemerkt, dass sich die Probleme der Modellbestimmung auf andere Weise eleganter lösen lassen. Als besonders hilfreich für meine musikanalytische Forschung hat sich dabei die Funktionale Analyse erwiesen. Diese Forschungsmethode ist keiner Theorie explizit verpflichtet, obgleich sie in aktuell Ausprägungen auf konstruktivistischen Prämissen aufbaut und in der Systemtheorie von Niklas Luhmann (1927−1998) eine tragende Rolle spielt. Von einer Adaption systemtheoretischer Ideen nach N. Luhmann auf den Bereich der musikalischen Analyse handelt der folgende Aufsatz:
Dabei lassen sich die hermeneutische und funktionale Analyse als komplementäre Formen des Verstehens auffassen. Denn man kann ein musikalisches Modell als Idealtypus (im Sinne von Max Weber) verstehen, wobei sich über die Differenz von Idealtypus und musikalischer Gestaltung das Individuelle einer musikalischen Komposition beschreiben lässt. Eine solche Verwendung ist für eine hermeneutische Perspektive charakteristisch, die auf ein Verständnis der Individualität des Analysegegenstands zielt, wobei die hermeneutische Perspektive eine 1:1-Beziehung zwischen Modell und referenziertem Objekt erfordert. Musikalische Modelle können jedoch auch als konstanter Vergleichsgesichtspunkt dienen, der es ermöglicht, funktional äquivalente Gestaltungen zu bestimmen. Für die funktionale Perspektive ist eine 1:n-Beziehung zwischen Modell und referenzierten Objekten kennzeichnend. Auf diesen Erkenntnissen baut mein umfangreichster Aufsatz zur Theorie der Sonatenform im ausgehenden 18. Jahrhundert auf:
In meiner Forschung haben sich drei Schwerpunkte herausgebildet, mit denen ich mich seit langer Zeit regelmäßig beschäftige: